Tierheimbesuch

In vielen Tierheimen, vor allem großen Tierheimen die viele Tiere unterbringen, können sich Interessenten zumindest einen Teil der Hunde direkt in ihren Zwingern ansehen. Zu diesem Zweck führen unmittelbar vor den Zwingern oder Unterkunftsräumen der Hunde Besucherwege entlang. Je nach Öffnungszeiten des jeweiligen Tierheims kann der „Besucherstrom“ der so an den Räumlichkeiten der Hunde vorbei führt, mehrere Stunden täglich dauern. Zusätzlich zu den restlichen Stressfaktoren die im Tierheim auf Hunde einprasseln können, sind auch die vielen fremden Menschen die an den Zwingern vorbei marschieren, ein weiterer Reiz der von den Hunden zumeist als unangenehm wahrgenommen wird. Hier finden Sie ein paar Tipps, die Sie beachten sollten wenn Sie Hunde am Zwinger besuchen, um die Stressbelastung für die Hunde möglichst gering zu halten.

  • IMG_6112Es ist damit zu rechnen dass manche Hunde – sobald der Besucher ins Blickfeld kommt – sehr aufgeregt reagieren, zum Beispiel mit Anlauf gegen das Frontgitter oder die Seitenwände springen (zum Teil sehr hoch), im Zwinger vor und zurück laufen, bellen, knurren oder anders drohen. Zwinger sind meist so aufgebaut dass die Seitenwände aus Mauerwerk bestehen während die Front vergittert ist. Auch wenn die Hunde Besucher natürlich schon aus einiger Entfernung riechen und hören, taucht der Mensch jedoch durch den Aufbau des Zwingers relativ plötzlich im Sichtfeld des Hundes auf, was den Startschuss für das oben beschriebene Verhalten geben kann.
    Der Zwinger ist der dauerhafte Wohnbereich des Hundes. Ein Besucher dringt also gewissermaßen in den „Privatbereich“ des Hundes ein, wenn er sehr knapp vor dem Gitter vorbei geht. Es besteht zudem manchmal für die Hunde nur begrenzte Möglichkeit, sich den am Zwinger vorbei kommenden fremden Menschen wirklich zu entziehen. Es ist für die Hunde angenehmer wenn beim Vorbeigehen an den Zwingern so viel Abstand gehalten wird, wie möglich. Gehen Sie also lieber auf der entfernteren Seite des Gehweges und nähern Sie sich nur bei den Zwingern jener Hunde an, die Sie ansprechend finden und die Sie gerne etwas länger beobachten möchten. Die Hunde in den anderen Zwinger sollten Sie lieber mit maximal möglicher Distanz passieren.
  • Die Hunde profitieren von einem ruhigen, respektvollen Auftreten Ihrerseits. Lautes Rufen, Klopfen an die Gitterstäbe um die Aufmerksamkeit eines Hundes zu erlangen, oder sehr hektische, schnelle Bewegungen vor dem Zwinger sollten vermieden werden.
  • Möchten Sie sich einem Hund nähern, machen Sie dies am besten leicht seitlich gedreht anstatt frontal auf den Hund bzw. Zwinger zuzugehen. Den Blick können Sie anfangs leicht am Hund vorbei schweifen lassen anstatt ihm direkt in die Augen zu schauen. Frontale Annäherung, sowie ein leichtes Vornüberbeugen, hoch aufgerichtete oder sehr starre Körpersprache sowie einen starren Blick empfinden Hunde meist als Bedrohung, vor allem wenn sie die sich nähernde Person noch nicht kennen. Eine lockere Körperhaltung, ruhiges, langsames Atmen sowie ein leicht am Hund vorbeischweifender Blick helfen den Hunden, Sie nicht als Bedrohung wahrzunehmen. Um einen aufgeregten Hund zu beruhigen, kann es auch helfen sich seitlich hin zu hocken und dabei eventuell ein paar ruhige Worte mit dem Hund zu sprechen. Vielleicht anfangs in einiger Entfernung, um dann langsam näher zu rücken. Bemerken Sie, dass ein Hund sich auch nach längerer Zeit immer noch extrem aufgeregt benimmt weil Sie sich vor dem Zwinger befinden, vor lauter Hektik gar nicht ruhig auf Sie zukommen kann oder immer noch abweisendes Verhalten zeigt, ist es besser weiterzugehen. Bitten Sie in solchen Fällen lieber die Tierpfleger darum, den Hund außerhalb des Zwingers (zum Beispiel auf dem Auslaufplatz) kennenlernen zu dürfen, wo sich die Tiere oft ganz anders verhalten.
  • Manche Hunde bieten es an, durch das Zwingergitter hindurch gestreichelt zu werden, indem sie sich eng ans Gitter drücken. Hierbei ist zu beachten dass die Gefahr bestehen kann, dass der Hund plötzlich doch anders entscheidet und keinen Kontakt mehr möchte, auch wenn er sich anfangs noch so lieb zum streicheln angeboten hat. Finger oder sogar die ganze Hand durchs Gitter zu stecken, ist daher nicht unbedingt ratsam. Außerdem können potenziell auch Krankheiten von Hund zu Hund übertragen werden, wenn man mehrere unbekannte Tiere in Folge streichelt. Wenn ein Hund sehr freundlich auf Sie zukommt und Sie bemerken dass er gerne von Ihnen gestreichelt werden möchte, sprechen Sie lieber mit den Pflegern und lassen Sie sich den Hund in einem Auslauf zeigen. Die Kontaktaufnahme mit dem Hund kann dort ohne das hinderliche Gitter sowieso besser verlaufen.

    Dieser Hund scheint die Streicheleinheiten zu genießen, doch die Situation kann sich schnell verändern.

    Dieser Hund scheint die Streicheleinheiten zu genießen, doch die Situation kann sich schnell verändern.

    Der Hund senkt den Kopf, blickt leicht unsicher, legt die Ohren zurück und hebt eine Vorderpfote. Die Situation ist ihm nicht mehr so angenehm wie vorher.

    Der Hund senkt den Kopf, blickt leicht unsicher, legt die Ohren zurück und hebt eine Vorderpfote. Die Situation ist ihm nicht mehr so angenehm wie vorher.

    Bei manchen Hunden, die Menschen gegenüber unsicher sind, kann es sein dass ihnen die Gitterabtrennung des Zwingers im Kontakt mit den Menschen sehr viel Sicherheit gibt. Denn sie können sich hier jederzeit entfernen wenn sie möchten und nur so viel Körperkontakt holen wie sie es als angenehm empfinden. Bei solchen Hunden kann es vorkommen, dass sie am Zwingergitter gerne kuscheln, wohingegen sie bei direkten Berührungen ohne Gitter dazwischen manchmal empfindlich reagieren. In solchen Fällen ist ein langsames Kennenlernen außerhalb des Zwingers wichtig, ohne dass man den Hund gleich mit Berührungen überschüttet, auch wenn er am Zwingergitter sehr entspannt und nach Streicheleinheiten suchend erschien.
    Wie kann man bei solchen Hunden im direkten Kontakt vorgehen? Hier ein paar Tipps: nehmen Sie eine möglichst unbedrohliche Körpersprache ein. Das heißt: seitlich gedrehte Position, kein Anstarren, keine hektischen Armbewegungen, kein direktes Beugen über den Hund, möglichst lockere Körperhaltung ohne sich irgendwo zu verspannen, möglichst ruhige, langsame Atmung. Benehmen Sie sich möglichst locker und natürlich, denn auch zu übertriebenes Achten auf die eigene Körpersprache lässt manche Hunde misstrauisch werden. Lassen Sie den Hund heran kommen wenn er möchte, aber gehen Sie nicht hinterher wenn er sich wieder entfernt. Dadurch geben Sie dem Hund viel Sicherheit, denn Sie zeigen ihm, dass Sie zwar Kontaktaufnahme begrüßen wenn es auch für ihn ok ist, ihn aber nicht zum Kontakt zwingen werden. Strecken Sie bei Annäherung des Hundes an Sie nicht die Hand aus, sondern verhalten sich eher passiv und lassen den Hund entscheiden wie nahe er heran kommen möchte. Wenn Sie ihn streicheln, tätscheln Sie ihn nicht am Kopf, denn wie Menschen empfinden viele Hunde das als sehr unangenehm. Ein sanftes Kraulen an der Brust (ohne sich dabei über den Hund zu beugen) oder seitlich am Hals ist besser geeignet. Geben Sie dem Hund wenn er sich dazu anbietet kurze Streicheleinheiten und nehmen Sie alle 5-10 Sekunden Ihre Hand weg, um zu sehen ob er weiterhin Kontakt sucht oder sich lieber der Situation entzieht.
    Seien Sie nicht enttäuscht wenn der Hund bei dem ersten Treffen mit Ihnen noch keine oder nur sehr kurze Berührungen zulässt. Es ist viel besser anfangs ganz behutsam vorzugehen und dem Hund viel Raum zu geben um selbst zu entscheiden wie viel Kontakt zu Ihnen er aufnehmen möchte. So bauen Sie eine gute Basis mit dem Hund auf, denn Schreckmomente durch zu viel Druck oder unbedachte Bewegungen können vermieden werden. Viele Hunde tauen schnell auf, wenn der Mensch bei ihnen einen angenehmen ersten Eindruck machen konnte, wohingegen ein verpatzter erster Kontakt bei unsicheren Hunden viel schwerer wieder gut zu machen ist.

  • Die Hunde sollten nicht gefüttert werden! Dies wird leider immer wieder missachtet, kann aber für die Hunde sehr unangenehme Folgen haben: zum Beispiel wenn Allergien bestehen und sie auf bestimmte Lebensmittel mit Durchfall, Übelkeit oder Bauchschmerzen reagieren. Manchmal reicht dazu auch schon eine kleine Menge des falschen Futters! Manche Hunde sind außerdem futterneidig und man bringt durch eine Leckerligabe nur sich selbst oder eventuell andere Hunde sie sich mit im Zwinger befinden in Gefahr!
    Die Hunde werden im Tierheim ausreichend gefüttert. Auch wenn die meisten Hunde Leckerlis lieben, ist es nicht nötig die Tiere am Zwinger damit zu füttern oder gar zu locken. Wenn Sie einem Hund Leckerlis geben möchten, machen Sie dies lieber erst wenn Sie den Hund außerhalb des Zwingers kennenlernen und nachdem Sie mit dem Tierheimpersonal abgesprochen haben, dass die Gabe von Leckerlis in Ordnung ist.
  • IMG_0988Eigene Hunde sollten nicht in den Bereich vor die Hundezwinger mitgenommen werden! Es ist für die allermeisten Tierheimhunde ein riesiger zusätzlicher Stressfaktor, wenn plötzlich völlig unbekannte Artgenossen direkt vor dem eigenen Zwingerbereich auftauchen. Auch für die Besucherhunde die mitgenommen werden, ist es extrem unangenehm an einer Zwingerreihe mit lauter aufgeregten und bellenden Hunden vorbeigeführt zu werden. Allein auf das Betreten des Tierheimgeländes reagieren manche sensiblen Hunde schon sehr abweisend und verängstigt. Für Hunde die früher selbst im Tierheim untergebracht waren, kann es außerdem sehr unangenehm sein, wieder in die Tierheimatmosphäre gebracht zu werden.
    Wenn Sie im Tierheim sind, weil sie einen zweiten Hund zu ihrem Ersthund dazu holen möchten, so sollten sich die Hunde natürlich vor dem Einzug des neuen Hundes kennenlernen. Der Bereich vor dem Zwinger ist jedoch alles andere als der beste Ort für die erste Begegnung zweier Hunde. Wenn Sie Ihren Hund dabei haben, lassen Sie ihn lieber im Auto warten, solange Sie sich die Hunde in den Zwingern anschauen.
  • Wenn Sie Kinder haben und diese beim Tierheimbesuch dabei sein sollen, dann führen Sie am besten schon vor dem Tierheimbesuch ein Gespräch mit ihnen, in dem Sie erklären, dass Hunde sich gegenüber den Besuchern manchmal sehr aufgeregt benehmen und eventuell bellen, springen oder knurren. Erklären Sie ihren Kindern auch die Gründe für dieses Verhalten. Das ist besonders wichtig, wenn es noch jüngere Kinder sind oder sie Kontakt mit Hunden nicht gewöhnt sind und eventuell ängstlich auf große, bellende oder springende Hunde reagieren könnten. Natürlich wird die Erklärung alleine nicht immer ausreichen um allen Kindern die Tierheimsituation wirklich verständlich zu machen. Dennoch werden die Kinder in manchen Fällen durch diese Vorbereitung besser mit der Situation umgehen können.
    DSC_9525Außerdem sollten auch Verhaltensregeln im Tierheim mit den Kindern vorher durchbesprochen werden und während des Besuchs darauf geachtet werden, dass diese auch eingehalten werden. Lautes Rufen, schnelle Bewegungen wie vorbeirennen an den Zwingern, Klopfen an die Gitterstäbe und ähnliches sollte von Kindern unbedingt unterlassen werden. Die Kinder sollten immer in der Nähe bleiben und niemals ohne die erwachsenen Personen zu Zwingern vorrausgehen oder sogar unbeaufsichtigt am Gelände herum gehen. Auch Jugendliche brauchen mitunter noch Aufsicht.
    Wenn Sie andere Personen – Kinder oder Erwachsene – sehen, die sich vor den Zwingern extrem unangemessen verhalten oder Hunde absichtlich ärgern, was leider immer wieder einmal passiert, so sprechen Sie die Leute wenn es möglich ist darauf an oder informieren Sie umgehend einen Mitarbeiter des Tierheims, damit er dies übernehmen kann.