Was bedeutet es für einen Hund in einem Tierheim zu leben? Welche Auswirkungen kann der Tierheimaufenthalt auf Hunde haben?
Die Umsiedelung ins Tierheim
Die meisten Hunde kommen ins Tierheim weil sie entweder direkt vom Vorbesitzer dort abgegeben werden oder weil sie ausgesetzt bzw. herrenlos herumstreunernd aufgegriffen werden.
Im Tierheim zu landen, bedeutet für die Hunde zunächst einmal, dass alle ihnen vertrauten Dinge schlagartig weg sind. Je nach Hund kann das natürlich unterschiedliches heißen, denn die Haltungsbedingungen beim ehemaligen Besitzer können sehr unterschiedlich gewesen sein. Vom „normalen“ Familienhund bis hin zu Zwingerhaltung ohne nennenswerten Menschenkontakt kommt alles vor. Aber ganz egal aus welchen Umständen heraus die Hunde ins Tierheim gebracht wurden – es ist zunächst einmal nichts mehr wie vorher. Dies bedeutet für die Tiere zumeist einen massiven Kontrollverlust: durch die ihnen bekannten täglichen Routinen und durch die vertrauten Dinge in ihrer Umgebung (unabhängig davon wie gut oder schlecht diese waren) konnten sie sich in ihrem Leben zurecht finden. Im Tierheim ist alles neu und unbekannt und die Hunde müssen sich auf eine meist stark veränderte Lebenssituation einstellen. Wie Hunde auf Dauer mit dem Aufenthalt im Tierheim klar kommen, ist sehr stark vom individuellen Hundecharakter, der Vorgeschichte des Hundes und den Haltungsbedingungen im Tierheim abhängig.
Das Leben im Tierheim
Die Unterbringung im Tierheim, selbst dem allerbesten mit den bemühtesten Mitarbeitern, bedeutet für Hunde immer, dass bestimmte Bedürfnisse nicht in der Form befriedigt werden können wie es eigentlich nötig bzw. optimal wäre. Dies fängt an bei dem Bedürfnis nach ausreichend Bewegung und geht über artgerechte Fütterung bis hin zu genügend Kontaktmöglichkeiten mit Menschen. Besonders belastend wird die Situation natürlich für all jene Hunde, die sehr lange – mehrere Monate bis zum Teil sogar viele Jahre – im Tierheim leben müssen, weil es mit der Vermittlung nicht klappt. Die Ausstattung eines Tierheims (Infrastruktur, Personal, finanzielle Mittel etc) und die Größe, das heißt wie viele Hunde nahe beieinander untergebracht sind, sind wichtige Faktoren, die das Wohlergehen von Hunden während des Tierheimaufenthalts maßgeblich beeinflussen. Darüber hinaus gibt es jedoch auch individuell zwischen Hunden große Unterschiede. Manche sind sehr sensibel und stressanfällig und „knabbern“ mehr an einem Aufenthalt im Tierheim als andere, die zumindest zum Teil oder für einige Zeit die oben erwähnten Defizite halbwegs gut wegstecken können. Für wieder andere Hunde bedeutet der Aufenthalt im Tierheim sogar eine Verbesserung zu bisherigen Haltungsbedingungen. Solche Fälle sind jedoch gottseidank nicht die Mehrheit. Das Optimum stellt die Unterbringung in einem Tierheim jedoch klarerweise für keinen Hund dar: den allermeisten Hunden macht der ein oder andere Aspekt ihres Lebens im Tierheim deutlich zu schaffen!
Es kommt daher nicht selten vor, dass Hunde nach einiger Zeit entweder körperlich und/oder psychisch auf die Belastungen reagieren, die durch den Tierheimaufenthalt für sie entstehen. Auf gesundheitlicher Ebene kann sich das zum Beispiel in Hautproblemen, häufigen Augen- oder Ohrenentzündungen oder wiederkehrenden Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes äußern. Was das Verhalten angeht, so können sich stressbedingte Auffälligkeiten entwickeln, wie zum Beispiel intensives, häufiges Lecken der eigenen Pfoten, Dauerbellen ohne Anlass, Jagen des eigenen Schwanzes oder von Lichtreflexen an den Wänden, übertriebene Beschäftigung mit bestimmten Gegenständen oder ähnliches. Auch eine hohe Empfindsamkeit für kleinste Umweltreize und daraus entstehendes reaktives Verhalten kann begünstigt werden. Nicht alle Hunde, die lange Zeit im Tierheim leben zeigen solche Extreme und auch die Deutlichkeit mit der diese Dinge während des Tierheimaufenthalts hervortreten kann sehr variabel sein.
In sehr vielen Fällen verschwinden solche gesundheitlichen oder auf Verhaltensebene hervortretenden Auswirkungen des Tierheimaufenthalts einige Zeit nach der Vermittlung in ein neues Zuhause wieder, wenn der Hund sich in seiner neuen Umgebung eingefunden hat und sich wohl fühlt. Manche Dinge werden sogar direkt an der Türschwelle des Tierheims zurückgelassen und treten nach der Vermittlung gar nicht mehr auf. Eine 100%ige Garantie dafür gibt es jedoch leider nicht.